Serien, Kolumen und Formate  aus Bayreuth und für Bayreuth

Ruben und Paulette: Schüchterne Stubentiger suchen neues Zuhause

Im Bayreuther Tierheim finden jährlich über 250 Katzen ein Heim auf Zeit. Darunter auch Ruben und Paulette. Die beiden Stubentiger wurden auf der Straße gefunden. Welches Schicksal die zwei bisher durchlebt haben ist unklar. Jetzt sucht das Pärchen ein neues Zuhause mit geduldigen Katzenliebhabern. Das Bayreuther Tagblatt stellt die beiden vor:

Ruben

Ruben ist anfangs sehr scheu. Foto: Tierheim Bayreuth

Logo SpVgg Bayreuth
MannschaftFC Augsburg IISpVgg Bayreuth
Gründung1907/19691921
FarbenRot-Grün-WeißGelb-Schwarz
StadionRosenaustadionHans-Walter-Wild-Stadion
TrainerJosef SteinbergerTimo Rost
Tabellenplatz letzte Saison13. Platz9. Platz
Letzte SaisonFC Augsburg II vs. SpVgg Bayreuth 4:1SpVgg Bayreuth vs. FC Augsburg II 3:1
Bilanz bisherige SaisonS-S-N (Zwei Siege, eine Niederlage)N-N-S-U (ein Sieg, ein Unentschieden, eine Niederlage)
Bilanz Testspiele5 Siege, 1 Unentschieden, 3 Niederlagen7 Siege, 1 Niederlage
Siege im direkten Vergleich4 Siege4 Siege
Höchster SiegFC Augsburg II vs. SpVgg Bayreuth 4:1 (4. Mai 2019)SpVgg Bayreuth vs. FC Augsburg II 4:1 (24. März 2018)

Paulette

Paulette sucht nach einer Bezugsperson. Foto: Magdalena Dziajlo

Name:Pedro
Geschlecht:Männlich
Alter:Acht Jahre
Das mag ich:Ich liebe es, spazieren zu gehen und Zeit draußen zu verbringen.
In dieser Umgebung fühle ich mich wohl:Meine neuen Besitzer sollten sportlich sein und mich körperlich und geistig auslasten können. Kinder sollten in meinem neuen Zuhause nicht sein, denn ich bin sehr eifersüchtig und verteidige meine Bezugsperson.
Verträglichkeit mit anderen Tieren:Mit anderen Hunden vertrage ich mich sehr gut. Da kann ich toben und mich auspowern. Mit Katzen verstehe ich mich allerdings nicht.
Das muss man noch wissen:Da ich gerne meine . Grenzen austeste und noch einiges lernen muss, bin ich auf der Suche nach hundeerfahrenen Besitzern.

Bademeister: Mehr als nur am Beckenrand stehen

Seit mehr als 20 Jahren sorgt Uwe Kasel dafür, dass Bayreuths Badegästen nichts passiert. Und wenn doch etwas geschieht, sind sie bei dem Fachangestellten für Bäderbetriebe – das ist die korrekte Bezeichnung für den “Bademeister” – in besten Händen. Denn sein Beruf ist für ihn zugleich Berufung. Und der Job ist mehr, als nur am Beckenrand zu stehen und die Gäste zu beobachten.

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Erfahrung gibt Sicherheit

Angefangen hat Kasel als Rettungsschwimmer im Stadtbad, auch in der Therme hat er schon gearbeitet. Seit 10 Jahren aber kümmert er sich um die Gäste im Kreuzsteinbad und ist auch stellvertretender Bäderleiter.

Schon als Kind war ich bei der Wasserwacht.

(Uwe Kasel, stellvertretender Bäderleiter im Kreuzsteinbad)

Schon früh zog es Kasel ins Wasser, und noch heute ist er bei der Wasserwacht sehr aktiv. “Ich bin Taucher, Bootsführer und Ausbilder für Schwimmer und Rettungsschwimmer.” Außerdem darf er Hubschrauber fliegen und ist ehrenamtlich im Rettungsdienst gefahren. Ein Mann mit Erfahrung also.

Die gebe ihm Sicherheit und Gelassenheit für seinen Job als Bäderleiter im Kreuzer. Auch wenn die Mitarbeiter im Freibad oft entspannt aussehen, sie sind stets hoch konzentriert.

Von einer Sekunde auf die andere kann etwas passieren.

(Uwe Kasel, stellvertretender Bäderleiter im Kreuzsteinbad)

Dann ist schnell sein gefragt. Ertrunken ist Kasel noch kein Gast. Reanimieren musste er aber schon einige Male. Spurlos gingen solche Fälle nicht an einem vorbei. “So etwas kann zu posttraumatischen Belastungsstörungen führen.” Deshalb werde das Personal regelmäßig geschult. Alle haben eine Ersthelfer-Ausbildung und sind ausgebildete Rettungsschwimmer.

An jedem Becken ist immer mindestens ein Rettungsschwimmer, der im Ernstfall eingreifen kann. Foto: Stadtwerke Bayreuth

Mindestens eine Fachkraft ist immer im Dienst, meist sind es zwei, und einige Rettungsschwimmer. An gut besuchten Tagen sind etwa acht Mitarbeiter im Kreuzer, die sich um die Sicherheit der Gäste kümmern. Außerdem hat das Bad derzeit zwei Auszubildende zur Fachkraft für Bäderbetriebe. “Die Fachkraft hat immer den Hut auf”, sagt Kasel. Sie entscheidet zum Beispiel auch, wenn das Becken bei einem Gewitter geräumt werden muss und wann es wieder freigegeben wird.

Eines ihrer wichtigsten Utensilien ist die Pfeife. Die kommt immer dann zum Einsatz, wenn sich ein Gast nicht richtig verhält und damit sich und andere gefährdet. Immer wieder brechen Besucher die Regeln. Deshalb wird das Kreuzsteinbad nachts mit Kameras überwacht. “Wir wollen morgens nicht zum Dienst kommen und jemanden im Becken treiben sehen”, sagt Uwe Kasel. Vor allem Studenten stiegen häufig illegal ins Freibad ein.

Wir pfeifen nicht, um jemanden bloß zu stellen, sondern auch, um andere auf das Fehlverhalten aufmerksam zu machen.

(Uwe Kasel, stellvertretender Bäderleiter im Kreuzsteinbad)

Technische Fähigkeiten sind ein Muss

Als Fachkraft trägt Kasel eine Menge Verantwortung und braucht vor allem auch technisches Know-how. Er checkt, ob die Parameter der Wasseraufbereitung passen, nimmt dreimal täglich Proben und sieht nach, ob die Filteranlagen und Pumpen reibungslos laufen. Ein Labor prüft zusätzlich regelmäßig die Wasserqualität.

Für kleinere Reparaturen kommt ihm seine Ausbildung als Elektriker zugute. In der zum Freibad gehörigen Werkstatt kennt sich Kasel bestens aus. Er packt an, wo immer er gebraucht wird.

Als gelernter Elektriker weiß sich Kasel in vielen Dingen zu helfen. Foto: Magdalena Dziajlo

Bereits um 6 Uhr morgens beginnt sein Arbeitstag. Um 7 Uhr öffnet das Bad. In der Stunde, bevor die ersten Gäste ins Kreuzer kommen, sieht Kasel nach dem Herzstück des Freibades. Im Technikraum stehen Pumpen und Filter für jedes Becken, die das Badewasser von Schmutz befreien, desinfizieren und aufbereiten, bevor es wieder zurück ins Schwimmbecken fließt. Dort sieht Kasel nach, ob der Chlorgehalt und der pH-Wert stimmen. Dann dreht er seine Runde über das Gelände, beseitigt Müll, checkt den Spielplatz, die Becken und Sprungtürme und hält nach Glasscherben oder anderen Verletzungsrisiken Ausschau.

250 Jahre Humboldt: Auf Spurensuche in Bayreuth

Vor 250 Jahren, am 14. September 1769, ist Alexander von Humboldt (1769 – 1859) in Berlin geboren worden. Hobby-Historiker Stephan Müller hat sich auf die Spuren Humboldts in Bayreuth begeben. Der abenteuerlustige Naturforscher hat seinen Namen auf der ganzen Welt hinterlassen – auch in Bayreuth.


Ab 29. Juni 1792 machte Alexander von Humboldt eine mehrwöchige Bestandsaufnahme der verschiedenen Bergämter in der preußischen Provinz Bayreuth, vom 30. Mai 1793 bis zum 24. Februar 1797 hatte er seinen Amtssitz fast vier Jahre in Bayreuth.

Die beiden möglichen Dienstsitze von Humboldt. Es ist nicht sicher, ob sein Dienstsitz ab 1793 das Oberbergdépartement im Alten Schloss (hinten im Bild, wie heute das Bergamt) oder in der “Kanzlei” rechts war. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

An der Stelle des “Postgebäudes”, das Alexander von Humboldt noch nicht kannte, standen die Gaststätten das “Weiße Lamm” und “Angermann”. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Alexander von Humboldt in Bayreuth

Ich gehe vielleicht schon in drei Wochen nach Bayreuth, nach dem Fichtelgebirge. Ich habe den ehrenvollen Auftrag, die natürliche Beschaffenheit beider Markgrafentümer geognostisch und bergmännisch zu untersuchen (…).

Alexander von Humboldt war seine Vorfreude in dem Brief vom 4. Juni 1792 an seinen Jugendfreund Johann Karl Freiesleben deutlich anzumerken. Gerade erst hatte er sein Studium an der Bergakademie Freiberg abgeschlossen und schon wartete ein hochrangiger und verantwortungsvoller Posten in Bayreuth auf ihn.

Humboldt: Der ideale Mann

Denn nur wenige Wochen vorher hatte der Markgraf Karl Alexander seine beiden Fürstentümer Ansbach und Bayreuth gegen eine Leibrente von jährlich 300.000 Gulden an Preußen abgetreten. Als Gouverneur für die neue preußische Provinz wurde Karl August Freiherr von Hardenberg eingesetzt, der, um möglichst schnell für “preußisches” Recht und Ordnung zu sorgen, für alle Bereiche preußische Spitzenbeamte und herausragende Absolventen nach Bayreuth holte.

Hardenberg und der für den preußischen Bergbau zuständige Minister Freiherr von Heinitz sahen in dem jungen Alexander von Humboldt, der gerade erst als Assessor cum voto im preußischen Bergdepartement angestellt wurde, den idealen Mann, um den maroden Bergbau im Fichtelgebirge zu inspizieren.

Alexander von Humboldt, in Berlin 1807 (Frédéric Christophe de Houdetot) Foto: bernd-Mayer-Stiftung

Humboldts erste Bestandaufnahme

Sein erster Auftrag ist eine Bestandsaufnahme der Gruben und Hütten in den neuen preußischen Provinzen. Am 29. Juni 1792 bricht Humboldt aus Berlin zu dieser Dienstreise nach Franken auf.

Er reist von Naila über Münchberg ins Goldkronacher und das Wunsiedler Revier. Am 23. Juli 1792 war die Inspektion der drei bayreutherischen Bergämter beendet. Am 26. August 1792 legte Humboldt den Freiherren von Heinitz und von Hardenberg – zunächst mündlich, später schriftlich – seinen umfassenden Bericht seiner Inspektionsreise vor.

Sie waren von Humboldts präzisen Ausführungen, Analysen und Verbesserungskonzepte angetan und übertrugen ihm sofort die Leitung des Berg- und Hüttenwesens in Bayreuth.

Voller Stolz berichtet Humboldt seinen Freund Johann Karl Freiesleben in einem Brief vom 27. August 1792:

Ich bin gestern zum königlichen Oberbergmeister in den beiden fränkischen Fürstentümern ernannt worden. Alle meine Wünsche, guter Freiesleben, sind nun erfüllt. Ich werde von nun an ganz dem praktischen Bergbau und der Mineralogie leben.

Der Dienstantritt in Bayreuth

Am 30. Mai 1793 trat er seinen Dienst als Oberbergmeister im preußischen Oberbergdépartement in Bayreuth an. Aus Bayreuth schreibt Humboldt an Freiesleben:

Ich habe mit meinen Grubenberichten so viel Ehre eingelegt, dass ich die alleinige Direktion des Bergbaus in den drei Bergämtern Naila, Wunsiedel und Goldkronach erhalten habe.

Hoch zu Ross inspizierte er die ihm anvertrauten Bergämter. In den Betriebsanalysen stellte er schnell die Mängel fest, lieferte Verbesserungsvorschläge. Die Maßnahmen wurden erfolgreich umgesetzt. In kürzester Zeit gelang es Humboldt, die maroden Bergwerke profitabel zu machen.

Die erste Bergschule

Schon bei seiner ersten Befahrung erkannte Humboldt, dass es den Bergleuten nicht an Fleiß, sondern an Wissen fehlt. So gründete im November 1793 aus eigenen Mitteln in Steben eine „freie königliche” Bergschule. Es entstand quasi die ersten Berufsschule in Deutschland. In keinem anderen Bergrevier wurden junge Männer aus dem Bergbau in der damaligen Zeit so fundiert und praxisbezogen ausgebildet wie in Steben.

Drang nach Reisen und Forschung

Ab Mitte 1794 merkte man Humboldt in seinen Briefen mehr und mehr seinen Wunsch nach großen Reisen und Forschungen an. Er teilt Friedrich Schiller in einem Brief vom 6. August 1794 mit:

Vielleicht glückt es mir, mich bald ganz los zu machen und der großen wissenschaftlichen Arbeit, die ich mir vorgestreckt und die ich mit Anstrengung verfolge, ganz zu leben.

Am 26. März 1795 bat Alexander von Humboldt um seine Entlassung von seinen Pflichten als Oberbergmeister. Diese “Kündigung” konnten von Hardenberg und von Heinitz mit einer Beförderung zum Oberbergrat und mehr “Freiheiten” für wissenschaftliche Reisen noch verhindern.

Er arbeitete nun fast ausschließlich im Bayreuther Oberbergdépartement. Im Mittelpunkt seiner Arbeit standen nun Verbesserungen um die Sicherheit in den Bergwerken. Nicht zuletzt deshalb, weil er bei einem Versuch im Bernecker Alaunwerk fast selbst ums Leben gekommen wäre, experimentierte er an einer Grubenlampe und entwickelte Rettungsgeräte und Atmungsmasken für verunglückte Bergarbeiter.

Sorgen bereitet ihm dieser Zeit eine unglückliche Liebesbeziehung zu dem Infanterieleutnant Reinhard von Haeften, mit dem er sich in Bayreuth eine Wohnung teilt. („Ich lebe nur noch durch dich, lieber Reinhard, und ich kann nur glücklich sein, wenn ich bei dir bin”).

Das Fernweh siegte

Das Fernweh ließ Alexander von Humboldt jedoch nicht mehr los. „Ich bereite mich jetzt ernsthaft zu einer großen Reise außerhalb Europas vor”, schrieb er an Abraham Gottlob Werner.

Insgeheim wusste er wohl schon länger, dass die Anstellung in Bayreuth nicht die “Erfüllung all seiner Wünsche” war. Schade für Bayreuth, dass am Ende sein Fernweh die Oberhand behielt, aber auch ein Glück, sonst wären der Welt seine großartigen späteren Erkenntnisse verloren geblieben!

So schied Humboldt Ende Dezember 1796 auf eigenen Wunsch aus dem Bergdienst aus. Am 24. Februar 1797 verließ er Bayreuth.


Text: Stephan Müller



Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

Sommernachtsfest: Als sich Frauen die Kleider vom Leib rissen

Das Sommernachtsfest feiert Jubiläum. Schon zum 50. Mal findet das Fest in der Eremitage an diesem Wochenende statt. Die Ursprünge der Feier gehen aber noch viel weiter zurück. Hobby-Historiker Stephan Müller weiß von Spielen, bei denen sich schon vor rund 300 Jahren Frauen in der damals noch jungen Eremitage die Kleider vom Leib rissen. Hier ist seine Geschichte:

Durch die Schriften des „Stadtschreibers“ Erdmann Johann Creta (1667 bis 1732) sind fundierte Berichte aus Bayreuth Stadt und Land erhalten. So wissen wir, dass die ersten “Kerwas”, die zu Regierungszeiten des Markgrafen Georg Wilhelm (1712 bis 1726) in der Eremitage veranstaltet wurden, schon etwas ausschweifender waren. Die Erzählungen über das “Rennen nach der Jungfer” oder das “Lanzenstechen” der Bayreuther Bauerssöhne verdanken wir Erdmann Johann Creta, der schreibt:

Hoch zu Roß und ohne Sattel versuchten damals die Bauerssöhne mit „Lantzen oder Stangen“ einen Ring aufzuspießen. Gelang es ihnen, so gab es einen „Gewinst“ wie einen Beutel mit Geld, Stiefel, Bockfelle, Strümpfe oder „Halßtücher“. Trafen die Männer nicht, wurden sie mit einem Kübel voller Wasser begossen.

(Stadtschreiber Erdmann Johann Creta um 1700)

Noch mehr Freude hatte die Herrschaft „beym Rennen nach der Jungfer“, bei dem sich die jungen Mädchen gegenseitig aus Draht geflochtene Kränze vom Kopf reißen mussten: Sie wurden „Von oben oder von unten herauff durch Fontainen, so naß gemacht, dass nicht eine trockene Faser an ihnen blieb.“ Die Mädchen „zerrten und schlugen sich so um des Gewinstes, dass sie darniederfielen und sich auch die Kleider vom Leibe rissen, was (der Herrschaft) so den grössten Lust ergab.“ Dies nahmen die Mädchen für „Hauben, Schürtzen, Schleyern oder Kirchentücher“ auf sich.

Repro: Stephan Müller

Verantwortlich zeichnete der Markgraf

Der, der diese Spiele abhalten ließ, hieß Markgraf Georg Wilhelm (1712 bis 1726). Er war es, der in der Eremitage, die um 1715 entstand, ein Sommerschloss bauen ließ, das heutige Alte Schloss der Eremitage. Das Neue Schloss, das Römische Theater und die Untere Grotte entstand erst Jahrzehnte später unter Markgräfin Wilhelmine.

Wie Prinz Charles

Georg Wilhelm war als junger Mann zunächst in einer Situation, die sich heute durchaus mit der englischen Königin Elisabeth II. und Sohnemann Charles vergleichen lässt. Er durfte zwar nicht regieren, aber sich zumindest den Künsten und der Repräsentation ganz im Sinne des fürstlichen Absolutismus widmen. Der junge Erbprinz hatte einen Hang zu theatralischen Auftritten vor ausgewählten Publikum und war gegenüber den Strömungen der Zeit und auch ihrer Moden sehr aufgeschlossen. Die Residenzstadt Bayreuth war ihm hierfür wohl zu eng.

Die weiteren Hobbys des Erbprinzen

So ließ der Erbprinz ab 1701 in der Nähe von Bayreuth am Ufer des Brandenburger Sees die planmäßig angelegte Stadt Sankt Georgen mit dem Schloss und der Sophienkirche – einer der bedeutendsten evangelischen Sakralbauten des Spätbarocks in Oberfranken – errichten. Noch heute finden wir die geometrisch streng geplante und kunstvoll angelegte Vorstadt mit Ordens- und Stiftskirche, Friedhof, markgräflichem Schloss und 24 gleichartigen Häusern mit Walmdächern am Marktplatz fast unverändert. Auf dem See unterhielt der Markgraf eigens eine kleine „Kriegsflotte“, die im Sommer zur Ergötzung des Bayreuther Hofes Seegefechte veranstaltete. An die Seeschlachten der markgräflichen Kriegsflottille erinnern nur noch die engen Häuschen in der Matrosengasse in St. Georgen und einige Schiffsmodelle im Stadtmuseum.

Das Alte Schloss in der Eremitage. Repro: Stephan Müller

Bekannt für Seeschlachten und Feuerwerke

So ist Georg Wilhelm durch das Eremitenspiel mit Stab und Kutte, durch die Seeschlachten und Feuerwerke, die phantastische Kostümierungen und in der geradezu unterwürfigen Anbetung seiner notorisch untreuen Ehefrau der Nachwelt als Exzentriker in Erinnerung geblieben. Genauso exzentrisch wie seine erste Kirchweih in der Eremitage. Wir freuen uns auf die Neuauflage der “Kirchweih in der Eremitage” im Jahr 2019, zweifeln aber daran, dass sich ähnliche Vorfälle mit Bauernsöhnen und “Jungfern” ereignen werden, wie zu Zeiten von Georg Wilhelm vor ziemlich genau 300 Jahren.


Text: Stephan Müller



Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

100 Jahre Wolfgang Wagner: Diese Opern-Alt-Stars sind in der Stadt

In diesem Jahr, am 30. August, wäre Wolfgang Wagner 100 Jahre alt geworden. Am Mittwochabend gibt es zu Ehren des langjährigen Festspielleiters und Enkels Richard Wagners einen Festakt. Dazu sind in den vergangenen Tagen bereits viele Alt-Stars der Opernwelt nach Bayreuth gekommen. Das Bayreuther Tagblatt hat sie am Grünen Hügel und in der Gaststätte Wolfenzacher gesichtet.

Donald McIntyre mit Petra Kern. Foto: Stephan Müller

Aus Auckland in Neuseeland ist Donald McIntyre angereist. Der Bassbariton sang von 1971 bis 1988 im Festspielhaus. Weltberühmt wurde er in seiner Interpretation als Wotan im umstrittenen “Ring” von Patrice Chereau. Darüber hinaus war er auch in der Titelrolle im “Fliegenden Holländer”, als Friedrich von Telramund im “Lohengrin” oder als Klingsor im “Parsifal zu hören.

Franz Mazura mit Opernsängerin Julia Borchert. Foto: red

Von 1971 bis 1995 wirkte Franz Mazura am Grünen Hügel mit. Als Alberich im “Rheingold”, Klingsor im “Parsifal” oder Gunther in der “Götterdämmerung” feierte der Bassbariton große Erfolge.

Von 1969 bis 1982 war der Tenor René Kollo nicht aus Bayreuth wegzudenken. Der Berliner hatte seine Erfolge ebenfalls hauptsächlich im Wagner-Fach. Er sang die lyrischen Tenor-Rollen (Froh im “Rheingold”, Erik im “Holländer”, Walther von Stolzing in den “Meistersingern”) mit ebenso großen Erfolg, wie später die schwierigen “Heldentenor”-Partien des Tristan oder des Siegfried.

Hans Sotin (links) und Clemens Bieber. Foto: Stephan Müller

Hans Sotin sang von 1972 bis 1995 etliche Rollen bei den Festspielen. Unter anderem schlüpfte er in die Rolle des Gurnemanz, des König Marke, des Hunding und des Landgrafen. In Bayreuth wurde Sotin zu einem Wagner-Interpreten von Weltruf.

Clemens Bieber sang von 1987 bis 2012 in Bayreuth, machte unter anderem aber auch dadurch von sich Reden, dass er in New York an der Met Opera und in Tokyo sang. 2010 wurde der gebürtige Würzburger  zum Berliner Kammersänger ernannt.

Wolfgang Wagner. Foto: Stephan Müller

Das Konzert zum 100. Geburtstag Wolfgang Wagners steht unter der musikalischen Leitung von Musikdirektor Christian Thielemann. Auf dem Programm stehen Isoldes Liebestod aus “Tristan und Isolde”, Wotans Abschied aus “Walküre”, die Rom-Erzählung aus “Tannhäuser” und das “Meistersinger”-Vorspiel.

Wolfgang Wagner war von 1951 bis 2008 Festspielleiter. Von 1951 fanden bis heute 2.725 Aufführungen im Festspielhaus statt. Davon leitete Wolfgang Wagner ab 1967 bis 2008 genau 1.268 Vorstellungen in alleiniger Verantwortung. Der letzte Vorhang unter seiner Verantwortung fiel am 28. August 2008 nach einer “Parsifal”-Aufführung.


Text: Stephan Müller

Gessn werd dahaam: Frankens Nationalgericht und die Zucchini-Invasion

Christoph Scholz erzählt in Folge 10 von „Gessn werd dahaam“ vom langweiligsten Gemüse der Welt, Buchtipps und dem fränkischen Nationalgericht.

Vor dem Bezirksliga-Kracher: Das war das spektakulärste Bayreuther Derby

Am Freitag startet das Saaser Sportler-Waldfest. Passend dazu kommt es um 18:30 Uhr auf dem Sportplatz des BSC Saas zum Bezirksliga-Derby mit dem TSV St. Johannis. Gut 300 Zuschauer werden erwartet. Schließlich waren Stadt-Derbys schon immer regelrechte Fußballfeste. Hobby-Historiker Stephan Müller hat sich die Geschichte der Bayreuther Derbys einmal genauer angeschaut und ist auf eine Partie gestoßen, bei der zwei Ex-Nationalspieler in Bayreuth schwer lädiert vom Platz gingen. Hier ist seine Geschichte:

Es gibt Fußballspiele und es gibt Derbys. Auch in Bayreuth. Seit der Vormachtstellung der SpVgg Bayreuth seit dem Ende der sechziger Jahre spielten sich die spannenden Lokalderbys eher in den unteren Ligen ab, wie in den achtziger Jahren, als hinter dem Zweitligisten mit dem BSV 98, dem 1. FC, dem BSC Saas und den SpVgg-Amateuren gleich vier Mannschaften in der Landesliga Nord und damit in der 4. Liga spielten. Das wohl aufregendste Fußball- Derby der Bayreuther Sportgeschichte fand aber noch ein paar Jahre früher statt.

Zwei Fußballer und ein Schwimmer. Hans Zeitler, Horst Weber und Fritz Semmelmann (von links) waren die Bayreuther Teilnehmer bei den Olympischen Spielen 1956 in Melbourne. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

Drei Clubs auf Augenhöhe

In den 50er und 60er Jahren waren drei Bayreuther Fußballvereine nahezu auf Augenhöhe. In der Amateurliga Nordbayern belegten die Spielvereinigung, der 1. FC und der VfB Bayreuth in der Abschlusstabelle der Saison 1958/59 sogar die Plätze eins bis drei.

Während der VfB im Jahr 1956 als Bayerischer Fußballmeister noch an der Aufstiegsrunde zur zweiten Division scheiterte, gelang dies drei Jahre später, also 1969, der SpVgg Bayreuth. Daraufhin durfte sich die Altstadt drei Jahre lang in der zweithöchsten Spielklasse mit Mannschaften wie Waldhof Mannheim, Jahn Regensburg, Darmstadt 98 aber auch dem 1. FC Bamberg oder dem VfB Helmbrechts messen. Im Jahr 1962 stiegen die Altstädter wieder in die Amateurliga Bayern ab – und trafen am 21. Oktober zum wohl spektakulärsten Derby wieder auf den 1. FC Bayreuth.

Der “Jumbo” und “des Bäckla”, Hans Zeitler und Fritz Semmelmann (unten) spielten bei den Olympischen Spielen in Melbourne. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

4.000 Zuschauer beim FC

Viel stand auf dem Spiel an diesem 12. Spieltag in der Amateurliga Nordbayern. Der 1. FC empfing als Tabellenzweiter hinter dem 1. FC Bamberg die SpVgg Bayreuth, die als Absteiger aus der zweiten Division nur den zehnten Rang belegten. Ziel beider Vereine war ein Platz unter den ersten sechs in der Abschlusstabelle, um in der neu zu gründenden eingleisigen Bayernliga dabei zu sein. Der FC ging mit Ex-Nationalspieler Hans “Jumbo” Zeitler vor 4.000 Zuschauern im eigenen Stadion gegen die SpVgg mit Ex-Nationalspieler Fritz Semmelmann als Favorit ins Rennen.

Eine Klopperei ersten Ranges

Die Bayreuther Fußball-Anhänger sahen eine Klopperei ersten Ranges. In der 27. Minute schlug Stenger Zeitler so heftig gegen den linken Knöchel, dass sich der Ex-Nationalspieler bis zum Schlusspfiff nur noch humpelnd fortbewegen konnte. Auswechslungen waren damals noch nicht erlaubt. Nur drei Minuten später schoss ausgerechnet Stenger die Führung zum 1:0 für die Gäste. Fünf Minuten nach der Pause trat der FC-Läufer Horst “Horre” Wolf gegen das Schienbein Semmelmanns, der daraufhin mit einem Unterschenkelbruch in das Städtische Krankenhaus eingeliefert werden musste. In der 76. Minute musste SpVgg-Verteidiger Walther wegen wiederholten Foulspiels vorzeitig in die Kabine, so dass die Altstädter die letzte Viertelstunde nur noch mit neun Spielern absolvieren konnte. Zum knappen 1:0-Sieg reichte es für die Gelb-Schwarzen trotzdem.

Für den FC reicht es am Ende nicht

Das Rückspiel auf der Jakobshöhe endete ebenfalls mit einem knappen 1:0 Sieg für die Altstädter. Am Ende der Saison hatte sich die SpVgg als Tabellenvierter für die eingleisige Bayernliga qualifiziert, dem 1. FC fehlten am Ende auf Rang acht drei Zähler für den notwendigen sechsten Platz.

Hans “Jumbo” Zeitler. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

Das ist Hans “Jumbo” Zeitler

Der Bindlacher Hans “Jumbo” Zeitler (1927 – 2018) nahm mit der deutschen Nationalmannschaft der Amateure bei den Olympischen Spielen in Helsinki (1952) und im australischen Melbourne (1956) teil. DFB-Trainer Sepp Herberger nominierte ihn auch für ein A-Länderspiel gegen Luxemburg, in dem er sich am 20. April 1952 auch in die Torschützenliste eintrug. Sein Wunsch, in Kader für die Fußball-Weltmeisterschaft 1954 aufgenommen zu werden, ging nicht in Erfüllung. In Bayreuth spielte er für den VfB, die SpVgg und den 1. FC. Mit dem VfB wurde der Mittelstürmer im Jahr 1954 mit 26 Treffern Torschützenkönig. 1956 konnte er mit den “Prellmühlern” und 1959 mit der SpVgg die Bayernliga-Meisterschaft feiern. Mit den Altstädtern gelang ihm der Aufstieg in die zweite Division. Später wechselte er zum 1. FC Bayreuth, bei dem er nach seiner aktiven Zeit auch als Trainer tätig war.

 

Fritz Semmelmann. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

Das ist Fritz Semmelmann

Fritz “das Bäckla” Semmelmann (1928 – 2011) wurde am 29. April 1953 erstmals in der deutschen Amateurnationalmannschaft eingesetzt. Durch Tore des Bayreuthers Jumbo Zeitler, Schröder und Klug gewann das DFB-Team in Linz gegen Österreich mit 3:1 Toren. Auch er spielte zusammen mit Jumbo Zeitler bei den Olympischen Spielen in Melbourne gegen die Sowjetunion. Semmelmann bestritt auch mehrere B-Länderspiele, in denen er an der Seite von Torwart Tilkowski, den späteren Weltmeistern Karl Mai vom 1. FC Nürnberg und Berni Klodt vom FC Schalke 04 oder dem jungen Uwe Seeler (HSV) spielte.

 

 


Text: Stephan Müller



Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

 

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Roter Main: Zurück zum Ursprung

Erst in seiner letzten Sitzung hat der Stadtrat Bayreuth über die Renaturierung des Roten Mains gesprochen, um das Klima der Stadt zu verbessern. Naturbelassen wie der Main einst einmal war, wollte ihn auch Wagners Frau Cosima sehen. Stephan Müller schreibt von einem Brief, in dem sie den damaligen Bürgermeister Theodor Ritter von Muncker bat, den Bau eines Konzerthauses am Roten Main zu überdenken. Dem Kanal wären an dieser Stelle mehrere Linden zum Opfer gefallen.


In die 37-jährige Amtszeit von Bürgermeister Theodor Ritter von Muncker von 1863 bis 1900 fielen die ersten Bayreuther Festspiele im Jahr 1876 und auch der Tod von Richard Wagner im Jahr 1883.
Wagners Frau Cosima überlebte ihren Mann um 47 Jahre und war in dieser Zeit auch kommunalpolitisch sehr engagiert.

Cosima Wagner. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Dies kommt in einem Brief vom 28. März 1898 an Bürgermeister Muncker zum Ausdruck. Der Stadtrat wollte an der Ecke Kanalstraße/Luitpoldplatz ein Gesellschafts- und Konzerthaus errichten, gegen das sich Wagners Witwe wandte: 

Hochgeehrter Herr Hofrath! (…). Ich höre, dass es projectirt ist, den neuen Bau im Garten hinter dem Centralschulhaus zu errichten. Ich hörte ferner, dass diesem Zweck der Maincanal überbrückt werden soll und dass die alten, am Ufer dieses Canals stehenden Linden bedroht sind. Meine Ansicht geht nun dahin, dass die Wahl dieses Platzes keine günstige ist und ich erlaube mir, dies zu begründen.

Unsere Stadt leidet am Wassermangel, demnach muss jede Gelegenheit vermieden werden, den Anblick des Wassers zu verringern. Im Gegenteil müsste man suchen, jede Stelle wo sich Wasser befindet, hervorzuheben und auszuschmücken, um einen entschiedenen Nachteil zum Besseren zu verhelfen.

Zum anderen sind alte Bäume ein großer, ja unersetzlicher Schmuck und wir sehen jetzt alle Einsichtigen in allen Städten bemüht, solche zu erhalten oder durch neue Pflanzungen dem Leiden, welches Staub und der Ruß hervorbringen, entgegen zu arbeiten.

Meine erste Bitte geht nun dahin, den Main nicht mehr noch als bereits geschehen, zu überbrücken und die alten Linden bestehen zu lassen, ja womöglich diese Stelle mit der Zeit zu einem hübschen Quai umzuwandeln, wozu die schönen Bäume sich sehr dienlich erweisen würden.

Etwa an der Stelle, an der das Gesellschafts- und Konzerthaus gebaut werden sollte, wurde später das “Haus der deutschen Erziehung” errichtet.

Das Haus der deutschen Erziehung. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung


Text: Stephan Müller



Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

 

Wirtsgogl G’schichtla: Einmarsch Napoleons ins Fichtelgebirge

Adrian Roßner, Foto: Privat

Adrian Roßner ist einer der jüngsten Heimatforscher Deutschlands und kommt aus der Region: In seiner bt-Serie „Wirtsgogl-Gschichtla“ gibt er regelmäßig Einblicke in seinen Fundus an kuriosen Geschichten, unglaublichen Erzählungen und Besonderheiten aus unserer Region.

In Teil zehn der Serie erzählt Adrian Roßner von Napoleons Einmarsch in die Region.

Hier die aktuellste Geschichte des Wirtsgogl als Text und als Podcast zum Anhören.

 


Wirtsgogl G’schichtla #10 als Podcast zum Anhören


Als Napoleon ins Fichtelgebirge kam

Die letzten Jahre des 18. Jahrhunderts stellen in der europäischen Geschichte tiefe Einschnitte dar, die teils bis heute Auswirkungen auf die Politik haben. Ausgehend von der Französischen Revolution und dem damit einhergehenden Untergang des Absolutismus, war ein Zeitenwechsel angebrochen, dem sich nur wenige entgegenzustellen wagten. Was jedoch aus dem anfänglich stolz aus allen Kehlen gesungenen „Vive La Republique“ geworden war, steht auf einem anderen Blatt: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit hatten die Anführer des Aufstandes dem Volk versprochen – und ihnen Terror, Angst und Gewalt gebracht. Aus der Asche des anfangs umjubelten Umsturzes erhob sich schließlich ein Korse als neuer Führer einer Weltmacht: Napoleon Bonaparte. Er sollte es sein, der – als angeblich „Größter Feldherr aller Zeiten“ – Europa mit einem umfassenden Krieg überzog, der auch vor unserer Region nicht Halt machte. 

Napoleon. Foto: Pixabay.

Mit dem Staatsbankrott konfrontiert

Abgesehen von Napoleons Ausgreifen über den Rhein war das Fürstentum Brandburg-Kulmbach-Bayreuth (seit 1769 durch Ansbach ergänzt) ebenfalls an einem Wendepunkt seiner Geschichte angekommen. Schon lange hatten die preußischen Zollern versucht, die Anverwandten in den fränkischen Territorien zu einer Übergabe der Region zu bringen, was ihnen jedoch nicht gelungen war. Mit dem Amtsantritt des letzten Markgrafen, Karl Alexander, sollte sich das jedoch ändern: Insbesondere durch die Ausgaben seiner indirekten Vorgängerin Wilhelmine sah er sich dem drohenden Staatsbankrott gegenüber und suchte, einen Ausweg in umfassenden Sparmaßnahmen und Reformen zu finden, was jedoch nicht funktionieren wollte. Ein neuerliches Angebot der preußischen Verwandtschaft, die ihm eine nicht geringe Leibrente in Aussicht stellten und dafür anboten, das verschuldete Fürstentum zu übernehmen, schien da gerade recht zu kommen.

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Am 15. April 1792 erfolgte schließlich der endgültige Anschluss an das Königreich, das kurz darauf mit Karl Freiherr von Hardenberg einen fähigen Staatsmann entsandte, um den maroden Haushalt auf Vordermann zu bringen. Ihm ist der Weg des nach wie vor mittelalterlich geprägten Fürstentums hin zu einem prä-modernen Staat zu verdanken, der sich jedoch schon bald ernsten Bedrohungen von außen gegenübersah. Mit Vorsicht schielte man nach Frankreich, wo zu jener Zeit die Feuer der Revolution höher brannten, als je zuvor und fürchtete gar, ein kleiner Funke könnte auch im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation genügen, um das Pulverfass zu zünden.

Preußisches Territorium?

Im Fürstentum Bayreuth gab man schließlich am 30. April 1794 die Anweisung an alle Beamten heraus, auf französische Agenten zu achten, von denen man glaubte, sie würden absichtlich die billigen Lebensmittel aufkaufen, um mit der daraus entstehenden Unzufriedenheit den Umsturz zu provozieren. Stolz präsentierte man sich indes an den Straßen durch die Region, an denen ab 1796 Tafeln mit der Aufschrift „Territorium Borussium“ vom Landesherren zeugten. Erfolgreich stemmte man sich gegen die Ausuferungen aus der neuen Republique jenseits der Grenze. 

All das jedoch änderte sich im frühen 19. Jahrhundert, als ein Schreckgespenst durch die Landen zu streifen begann, von dem niemand mit Sicherheit zu sagen wusste, ob es der erhoffte Befreier von allzu großer Abgabenlast, oder der neue Unterdrücker sei: Napoleon. Nachdem König Friedrich Wilhelm III. noch am 6. August 1806 die Mobilmachung gegen Frankreich anberaumt hatte, um ein Ausgreifen des mächtig gewordenen Nachbarn zu verhindern, ging im Fürstentum die Mär, die stolzen Preußen wollten sich kampflos ergeben.

“Wir bleiben preußisch”

Ein „Aufruf an die braven Bayreuther“, der sich an alle Bewohner der Region richtete, sollte Klarheit schaffen:

Bayreuth ist also nicht verkauft, wenn auch des Königs Soldaten aus dem Lande verreisen. […] Fluch dem, der ein anderes glaubt! Schande und Verderben über die, welche jetzt ihr Vaterland, die Fahne verlassen, um erst abzuwarten, was geschieht! […] Der Brave vertraut Gott und seinem Könige! Nicht wert seid Ihr Bayreuther, preußisch zu sein, so Ihr nicht fest vertrauet, es immer zu bleiben! Rufet alle froh und mutig: wir bleiben preußisch mit Blut und Gut!“

Die Französische Revolution sorgte für Veränderung in Europa. Foto: Pixabay.

Einmarsch Frankreichs

Diesem Aufruf an die patriotischen Bewohner des Fürstentums folgte im Laufe der zweiten Jahreshälfte der komplette Rückzug aller preußischen Truppen hinter die Grenze und damit die kampflose Überlassung Bayreuths, wohin am 7. Oktober 1806 die Franzosen unter Marschall Soult vorrückten. Was daraufhin folgte, war der Kontakt der einfachen Bevölkerung mit dem schwelenden Kriege, der sie in ein Chaos stürzte, das die alten Ständeunterschiede und Ordnungen wieder hervorbrechen ließ. Ein Augenzeugenbericht aus Münchberg gibt bis heute beredtes Beispiel der Abläufe: 

Der 6. October gedachten Jahres war für Münchberg ein Tag des Schreckens und der Angst. An demselben […] überzogen ganz unerwartet die ersten Franzosen diese Stadt. […] Mit dem Säbel im Munde und Pistolen in der Hand sprengte der Vortrab – aus reitenden Jägern bestehend – herein und vernichtete sogleich alle Zeichen der preußischen Herrschaft, welche sich hier vorfanden. […] Während […][der Nacht] campirte (sic!) der Marschall Soult mit ungefähr 40.000 Mann in der Stadt und Umgegend. Die Häuser und Straßen der Stadt – alles war mit Soldaten angefüllt, und vom Lager in der Umgebung brachen dieselben auch haufenweise herein, plünderten viele Häuser aus und mißhandelten die Bewohner. Das Vieh wurde von den umliegenden Dörfern heerdenweise (sic!) ins Lager getrieben und abgeschlachtet, so wie auch die übrigen Lebensmittel aus der Stadt und den Dörfern herbeigeschafft wurden.
(Augenzeugenbericht aus Münchberg)

Napoleon Bonaparte. Foto: Archiv Adrian Roßner.

Materielle Abgaben

Die gigantischen Heeresaufgebote Napoleons stellten allen voran aufgrund der resultierenden Versorgungslage ein großes Problem für die Zivilbevölkerung des Fichtelgebirges dar. Um schneller marschieren zu können, hatte der Kaiser auf die Einrichtung von Magazinen verzichtet. Stattdessen hatte er Requisitionen eingeführt. Die vorgebrachten Erinnerungen können auch anhand der im Stadtarchiv lagernden Einquartierungsbillets und entsprechender Zusammenfassungen der durch Abgaben entstandenen Schäden nachvollzogen werden.

So musste allein der Kaufmann Hieronymus Bretting Wein und Schnaps im Wert von 180 Gulden, Tabak für 50 Gulden und Champagner, Wein, Kaffee und Schokolade für 482 Gulden an die Offiziere liefern. Johann Reichel indes gab zu Protokoll, dass er 60 Bouteillen Rheinwein, 30 Flaschen Burgunder, 12 Flaschen Champagner und 45 Liter Branntwein an Marschall Soult und seine Apanage abzugeben hatte. Alles in allem lagerten gemäß der Zusammenstellung des Amtsmannes Dietsch in der Zeit vom 12. Oktober bis zum 31. Dezember 1806 12.207 Soldaten in Münchberg, darunter 20 Generäle, 299 Offiziere, 995 Unteroffiziere und 10.893 Gemeine.

Neuanfang als Teil Bayerns

Doch nicht allein die materiellen Abgaben machten zu schaffen, auch die vom Fürstentum verlangten Zahlungen in Höhe von 2,5 Millionen Francs, die man auf die Steuerzahler umzulegen trachtete, zehrten an den eisernen Reserven. Was auf die Schrecknisse dieser ersten Jahre folgte, war eine Zeit des kompletten Umsturzes. Die Region fand sich am Scheideweg. Es galt zu entscheiden, ob man die Scherben des Alten neu zusammensetzen, oder das umgepflügte Feld neu bestellen sollte. Man entschied sich für letzteres. Als schließlich 1810 die Übergabe des ehemaligen Fürstentums an das neugeschaffene Königreich Bayern vollzogen wurde, war endgültig eine neue Zeitrechnung angebrochen. Begonnen jedoch hatte diese mit Napoleon. 


Text: Adrian Roßner